Veredeln durch Kopulation
Hört sich erst einmal nach „off-topic“ an, Aber dabei geht es um eine Veredlungsmethode, bei der zwei genau passende Schnittflächen an Unterlage und Edelreis zusammengefügt werden.
Wer bei Kopulation an Sex und Ähnliches denkt, sucht vielleicht doch eher das hier.
Die einfache Kopulation
Die Kopulation wird hauptsächlich im Spätwinter oder Frühjahr durchgeführt, die Reiser befinden sich in Ruhe. Wichtigste Vorraussetzung für eine Kopulation ist, dass Unterlage und Edelreis den gleichen Durchmesser haben. Unterlage und Reis werden identisch schräg zugeschnitten, so dass auf beiden eine langelliptischen Schnittfläche das Kambium freilegt. Die Schnittfläche sollte etwa 4 bis 8-mal so lange wie der Durchmesser von Edelreis und Unterlage sein 1. Eine am Reis und auch an der Unterlage der Schnittstelle gegenüberliegende Knospe fördert das Anwachsen. Das Edelreis sollte etwa 2-4 Augen haben, bei schwächeren (kleine oder für die „Handveredlung“ ausgegrabene) Unterlagen eher 2, für gut verwurzelte, wüchsige Unterlagen können es mehr sein.
Wichtig sind gerade Schnitte, weil eventuelle Unebenheiten zu mangelhaftem Kontakt führen und damit das Anwachsen der Veredlung gefährden. Reis und Unterlage sollten auch in der Fläche möglichst genau aufeinander passen 2. Einseitig angeschliffene Kopulationsmesser eignen sich am besten für diese Schnitte, eine Hippe kann jedoch auch verwendet werden. Falls krumme Unterlagen oder Reiser bzw doch leichte Abweichungen in der Dicke die Schnittflächen nicht ganz deckungsgleich machen, muss die Lage so gewählt werden, das das Kambium so gut wie möglich überlappt. Danach muss die Kopulation verbunden 3 und der Bereich der Schnittflächen sowie die Edelreisspitze verstrichen werden 4.
Die verbesserte Version – Kopulation mit Gegenzungen
Eine weitere Variante zur Verbesserung des Kontakt ist die Kopulation mit Gegenzunge. Dabei an Unterlage und Edelreis ein weiterer Schnitt (1a und 1b)parallel zur Triebachse angebracht. Beim Edelreis beginnt der Schnitt im unteren Drittel und endet im oberen, an der Unterlage ist es genau umgekehrt 1b. Die dabei entstehenden „Gegenzungen“ werden vorsichtig in den Schnitt des anderen Veredlungspartners geschoben geschoben 2. Die dafür am besten geeignten Messer dafür sind einseitig angeschliffene Kopulationsmesser. Ein Weiterer Vorteil ist die deutlich stabilere Verbindung. Auch das Verbinden deutlich vereinfacht, das das Edelreis bereits mechanisch durch die Gegenzungen eingeklemmt ist und nicht während des Verbindens noch in Position gehalten werden muss. Anschließend erfolgt ein Verbinden mit Bast, Gummiveredelungsband oder Elektrikerklebeband 3. Die Knospen an der Rückseite der Schnittflächen sollten dabei nicht verbunden werden (was mit Klebeband nicht so einfach ist, bei Verwendung von Klebeband besser keine Knospen im Bereich der Schnittflächen lassen, ausbrechen oder an anderen Stellen schneiden). Nach dem Verbinden ist der Bereich der Veredelung und die Spitze des Edelreises zu verstreichen 4. Wenn überlappend mit Klebeband verbunden wurde, muss nur die Spitze verstrichen werden.
Zusammenfassung:
Wann wird veredelt durch kopulieren?
- Februar-April (Mai)
Was kann kopuliert werden?
- Die Unterlage und Edelreis sind ungefähr gleich dick (6-12, max. 20 mm)
- das Edelreis ist in der Vegetationsruhe,
- die Unterlage kann sowohl noch in der Vegetationsruhe oder schon ausgetrieben sein.
Wozu wird kopuliert?
- Zum Veredeln junger Bäume um einen neuen Obstbaum zu erzeugen.
10 Comments
Lisa Falk
13. Januar 2023Hallo und vielen Dank für die informative Seite!
Wenn ich die Unterlagen mithilfe der Kopulation veredelt habe,
macht es dann Sinn das Ganze direkt einzupflanzen oder sollte es lieber erstmal in einen Container?
Oder gibt es anschließend noch eine bestimmte Ruhezeit,
während der alles noch wurzelnackt bleibt?
Vielen Dank!
Johannes
13. Januar 2023Die Veredlungen sollten am besten direkt in ein Beet gepflanzt werden. Töpfe oder Container sind auch eine Lösung, benötigen aber deutlich mehr Pflege wegen des kleineren Erdvolumens. Die Wurzeln der Unterlagen sollten so kurz wie möglich „nackt“ bzw. Luft, Trockenheit, Sonne usw. ausgesetzt sein. Wenn die Veredlungen kurz irgendwo zwischengelagert werden sollen, dann können sie in feuchtem Perlit, Sand, Sägemehl, Erde oder ähnlichen Materialien eingeschlagen werden, wobei immer darauf geachtet werden muss, dass die Wurzeln bedeckt werden und nicht offen liegen, auch nicht in inneren Hohlräumen.
Viel Erfolg,
Johannes
Ingo
4. Februar 2021Hallo,
was muss ich tun, wenn ich im Februar veredelt habe und zweistellige Minusgrade drohen?
Danke schonmal für die Antwort.
Johannes
4. Februar 2021Bei Veredlungen im Freiland auf „normales“ Kern- und Steinobst wie Apfel, Birne, Pflaume, Kirsche und Co würde ich gar nichts machen. Wenn die Edelreiser und Unterlagen noch in der Vegetationsruhe waren, vertragen die noch recht viel an Frost.
Wenn sie schon angetrieben sind, was ich um die Jahreszeit noch nicht glaube, dann würden es das aktive Kambium vermutlich nicht mehr aushalten.
Ich habe zum Spaß als Test schon einmal im Dezember veredelt und hatte bei Birne und Kirsche trotzdem 4/5 und 3/3 Anwuchserfolg. Allgemein wird meistens (und auch ich mache das meist so, allein weil ich meist erst nachdem ich mit dem Baumschnitt fertig bin veredle) allerdings doch eher etwas später veredelt, also sehr viel Erfahrungen/Tests habe ich nicht zu so frühen Veredlungen und deren Frostbeständigkeit gemacht.
Viktoria
24. Juni 2020Hallo. Kann mir jemand Tipps zur Veredelung einer Olive geben? Welcher Zeitpunkt und welche Veredelungsmethode sind vielversprechend?
Danke schon mal.
Johannes
18. Juli 2020Hallo,
leider haben wir überhaupt keine Erfahrungen zur Veredlungen von Oliven.
Nach etwas Recherche habe ich auf greffer.net gefunden, dass prinzipiell Reiserveredlungen im Frühjahr (März ist dort angegeben, in Deutschland vielleicht erst ab Anfang April?) mit Verdunstungsschutz (in Wachs tauchen oder mit Parafilm umwickeln, mehr dazu auch hier unter Verbandmaterial).
Besonders empfohlen wird dort allerdings die Olivenveredlung durch Plattenokulation, die dort auch sehr gut mit Bildern beschrieben wird, also eventuell auch ohne Französischkenntnisse verständlich ist.
Jan Hoffmann
10. Januar 2020Hallo,
tolle Seite, die ihr mittlerweile dazu aufgebaut habt!
Ich habe mich mal intensiver mit dem Thema Langreisveredelung beschäftigt und dazu einen Artikel verfasst (siehe Link).
https://shop.pomologen-verein.de/data/datenblatt_0000102_1.pdf
Kennt ihr diese Veredelungsmethode?
Habt ihr evtl. Erfahrungen dazu?
VG
Jan
Johannes
11. Juni 2020Ja, Langreisveredlungen uns bekannt, aber so richtig intensiv haben wir uns damit noch nicht beschäftigt. Der einzige Nachteil, den ich in Langreisveredlungen sehe, ist, dass sie schwierig sind, wenn man nicht eigene oder lokale Reiser verwendet, man bracht deutlich mehr Reisermaterial, was z.B. für Reisertausch per Post oder bei seltenen Sorten unpraktisch ist.
Wichtig ist aber definitiv, einige Augen der Reiser zu blenden, bzw. auszubrechen, weil in meinen Versuchen sind Langreiser, wenn alle Augen belassen wurden, deutlich schlechter angewachsen.
Viele Grüße
Johannes
Chevalier Denis-Jacques
24. Januar 2017Merci d’avoir parlé de la lame du greffoir affûtée que d’un côté !
Un vieux pépiniériste.
[…] Kopulation […]
Leave A Response