Avocados veredeln – Lohnt es sich? Ein Erfahrungsbericht.
Viele ziehen sich gerne aus den Kernen von aus dem Supermarkt gekauften Avocados gerne eigene Bäumchen. Auch ich habe das immer wieder gemacht zuletzt für die Unterlagen im Bild links. Irgendwann wollte ich einmal eigene Avocados ernten. Aber obwohl einige der Bäume gut wuchsen, blühten sie nie. Auch nach zehn Jahren noch nicht. Das Problem war, dass es reine Sämlinge waren, die erst ab einem gewissen Alter, aber auch einer gewissen Größe blühen. Einer Größe, die die Überwinterung der (sub)tropischen Frucht unter meinen Bedingungen unmöglich machte. Also musste eine Lösung her, vielleicht würden ja veredelte Avocados schon als handliche, im Topf gehaltene und überwinterbare Bäumchen blühen.
Ein Freund hat mir also einmal aus Spanien und der Côte d‘Azur aus dem Urlaub Avocadoreiser von erwachsenen, fruchtenden Bäumen mitgebracht. Leider ohne Sortennamen, aber immerhin Reiser von fruchtenden Bäumen, die zudem noch gerade so am nördlichen Rand ihrer Klimatoleranz wuchsen.
Nach einer Recherche im Internet war klar, dass ich Avocados mit allen üblichen Reiserveredlungsmethoden veredeln konnte und ich testete so ziemlich alle: seitliches Spaltpfropfen (man lässt die Unterlage darüber weiter stehen und schneidet nur schräg ein, siehe Bild unten, da auch noch einmal mit Gegenzunge), Kopulation, normales Spaltpfropfen, Chipveredlungen oder, für mich nicht ganz relevant, auch Rindenpfropfen.
Da Avocadoveredlungen für mich eher experimentell waren und auch weil von einigen Quellen so empfohlen, habe ich zunächst hauptsächlich durch Chipveredlungen oder seitliches Spaltpfropfen veredelt. Dadurch konnte ich von den kostbaren Edelreisern mehrere auf jeweils einen Unterlagensämling veredeln und zudem konnte ich so noch zunächst den Unterlagentrieb mit den Blättern über der Veredlung weiterwachsen und Photosynthese betreiben lassen. Damit sollte laut einige Quellen im Internet die Verwachsung unterstützt werden und die Veredlung selbst weniger Stress für die immergrüne Avocadopflanze bedeuten, da sie eben nicht darauf eingerichtet ist, die Blätter ganz zu verlieren. Inzwischen habe ich allerdings auch Veredlungen ganz ohne Blätter an der Unterlage gewagt und ich denke, es sollte auch funktionieren, aber wenn möglich habe ich trotzdem auch noch versucht, wenigstens einige Blätter an der Unterlage zu erhalten.
Ich würde behaupten, dass ich inzwischen nach etwa 20-30 Avocadoveredlungen nicht mehr ganz ein Anfänger bin und genug weiß, um auch Tipps an andere weiterzugeben.
Erfahrungen zu Avocadoveredlungen
Da ich nicht aussuchen konnte, wann ich die Reiser bekomme, habe ich einfach immer so schnell wie möglich nach Erhalt der Reiser veredelt, egal ob November, Januar, März oder Mai. Da ich meine Avocados während der kalten Jahreszeit in einem ungeheizten Zimmer bei ca. 15-20°C überwintere sollte es grundsätzlich auch egal sein. Der beste Zeitpunkt sollte allerdings sein, wenn die Unterlage selbst beginnt, wieder neu auszutreiben und eine ausreichende Wärme, vermutlich über 10 oder besser 15°C, sichergestellt werden kann. Meine Erfolgsquoten steigerten sich von anfangs etwa einem Drittel zu im letzten Jahr fast 100%.
Wie schon oben geschrieben funktionieren alle getesteten Reiserveredlungsmethoden und ich sehe keinen Grund, warum es für nicht getestete anders sein sollte. Okulationen habe ich noch nicht getestet, da ich nur mit transportierten und damit nicht ganz frischen Reisern gearbeitet habe und mir auch unklar war, wann und wie gut sich bei den immergrünen Avocados die Rinde löst. Außerdem habe ich Okulationen in meiner Recherche zu Avocadoveredlungen nicht wirklich als empfohlene Veredlungsmethode empfohlen gesehen.
Besonders an Avocadoveredlungen ist auch, dass selbst angewachsene Reiser oft nicht oder erst sehr spät austreiben, vor allem die tieferen von mehreren Veredlungen auf eine Unterlage. Eine meiner Chipveredlungen auf einen Seitenast meines alten Sämlings ist erst nach 14 Monaten ausgetrieben. Und das erst vier Monate nach dem ich den Trieb der Unterlage, der über die Veredlungsstelle hinausging, abgeschnitten habe! Ähnliches habe ich auch bei anderen immergrünen Obstgehölzen, z.B. Citrus bemerkt: Manche Veredlungen treiben früh, fast direkt nach der Veredlung aus, andere nur sehr viel später.
Andererseits scheinen bei den neusten Veredlungen die ersten schon nach einem Monat auszutreiben. Eventuell hat auch eine Düngung zwei Wochen nach der Veredlung zu einem schnelleren Austrieb beigetragen. Daher würde ich inzwischen fast raten, die Unterlagensämlinge vor der Veredlung gut zu düngen und dann nach der Veredlung noch einmal.
Avocados zu veredeln ist immer etwas spannendes und kann Geduld erfordern!
Erfahrungen zu veredelten Avocados im Topf
Allgemein ist mein Tipp zu Avocados, diese regelmäßig zu düngen und in durchlässigem Substrat gepflanzt auch großzügig zu gießen, ohne dass es je zu Staunässe kommt. Dann wachsen Avocadosämlinge auch problemlos in einem Jahr auf bis zu einem Meter Höhe und werden daumendick. Selbst ältere Pflanzen machen bei guter Pflege oft 30-50 cm lange Triebe, fast schon auf Dauer zu wüchsig für eine Topfhaltung. Ohne Düngung wachsen Avocados kaum noch, nachdem erst einmal der Vorrat an Nährstoffen im Kern aufgebraucht ist.
Und nun zum Zwischenziel auf dem Weg zu eigenen Avocados: die Veredelten Pflanzen blühen wirklich! Teilweise hatte ich schon im ersten Frühjahr nach der Veredlung die ersten Blüten, bei einigen anderen zumindest im zweiten Winter bzw. Frühjahr nach der Veredlung. Die Blüten (siehe links) sind einzeln recht klein, nur etwa einen cm im Durchmesser, aber es sind viele an einem Blütenstand, der über Monate blüht. Leider blühen die einzelnen Blüten immer nur kurz, bei mir im kühlen Zimmer nur ein paar Tage.
Das macht es zu einer Herausforderung, diese zu bestäuben, weil es im Zimmer natürlich an tierischen Bestäubern fehlt und zudem Avocados nicht selbstfruchtbar sind und damit auch noch Blüten von zwei verschiedenen Sorten gleichzeitig blühen müssen. Im Anbaugebiet werden immer verschiedenen Sorten mit verschiedenen Blüh- bzw. Bestäubertypen A und B angebaut, die sich gegenseitig befruchten. Im kühlen Zimmer allerdings blühten wie schon geschrieben einzelne Blüten mehrere Tage und daher glaube ich, dass die Blüh- bzw. Bestäubertypen für Topfavocados in Deutschland nicht so relevant sind. Aber bei den unbekannten Sorten, wenn es überhaupt welche sind, die ich habe, kenne ich die Typen natürlich auch nicht. Bisher hatte ich leider noch keine eigenen Avocados, aber viele Blüten an einem veredelten, reich verzweigten 50 cm hohen und breiten Bäumchen, siehe Bild ganz unten. Ich bin zuversichtlich, dass ich in den nächsten Jahren mal ein paar Avocados ernten kann.